Im Gespräch sind Florian Schwalb von metru und Stephanie Wörz von CompanyMood
„Personal branding on a new level“
Entstanden aus einer Medienproduktionsfirma hat sich metru darauf spezialisiert, Videolösungen für den gesamten Bewerbungsprozess anzubieten. Hierbei unterstützt das Team sowohl BewerberInnen, als auch Recruiter mit verschiedenen Produkten: metru bietet den BewerberInnen mit „Closeup“ eine Integration von Videos in die eigenen Bewerbungsunterlagen und gleichzeitig die Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit mit den individuellen Qualifikationen zu kombinieren. Im Vergleich dazu können Recruiter mit dem „Jobcode“ KandidatInnen per zeitversetztem Jobinterview screenen.
Stephanie:
Florian, vielen Dank, dass du dir heute die Zeit genommen hast, um uns und den LeserInnen metru und die Idee dahinter vorzustellen.
Als Psychologin finde ich persönlich die Themen Recruiting und Personalauswahl sehr spannend. Erzähl uns doch mal, wie kam es zu der Entwicklung von metru?
Florian:

Wir kommen ursprünglich aus der Filmbranche und haben lange Jahre Werbe- und Imagefilme für verschiedene Unternehmen gedreht. Da wir auch immer wieder Videos für unterschiedliche Personalmessen gedreht haben, sind uns die Herausforderungen der Branche bewusst geworden, was uns im Endeffekt dazu gebracht hat, metru zu entwickeln. Wir wollten gerne Probleme wie generische Anschreiben, flache Vorstellungsgespräche und vergeudete Zeit auf Seiten der Recruiter angehen und mit unserer Expertise lösen. Das große Thema, welches wir in den Recruiting-Prozess bringen wollen, ist Persönlichkeit. Wir sind überzeugt, dass die BewerberInnen diese deutlich besser über Videos ausdrücken können, als über herkömmliche Bewerbungsprozesse.
Stephanie:
Wie lange gibt es metru jetzt schon?
Florian:
Quasi seit 2008, da haben wir als Medienproduktionsunternehmen gestartet. Insgesamt war das ein langer Prozess, bis wir beim Thema metru waren. Mit der Endfassung unserer aktuellen Produkte sind wir seit Ende 2018 am Markt, aber der Geist von metru existierte bei uns schon deutlich früher. Mit der konkreten Entwicklung haben wir 2017 angefangen.
Stephanie:
Welche Vorteile bietet metru im Recruiting?
Florian:
Mit dem „Jobcode“ spart der Recruiter erst einmal Zeit und Kosten, da sich die Zeit für eine neue Einstellung verringert und nur die für den Job am besten geeigneten KandidatInnen zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Abgesehen davon, lernen die Recruiter die KandidatInnen auf einer völlig anderen Ebene kennen, da es sonst eigentlich unmöglich ist, schon in der Pre-Screening-Phase einen Einblick in die Persönlichkeit der BewerberInnen zu erhalten. Auch für BewerberInnen ist das angenehm, da sie über das Video ganz andere Möglichkeiten haben, sich zu präsentieren. Gerade versteckte Potenziale werden so leichter erkannt.
Ein Video in der PDF sticht total heraus, sowas fällt auf. „Closeup“ ist für BewerberInnen wirklich ein Novum. Alleine auch technisch, weil sich die Größe der Datei überhaupt nicht ändert. Die BewerberInnen erhalten eine einzigartige Möglichkeit, ihre Softskills zu zeigen, das macht schon Eindruck. Gleichzeitig können Sie neben fachlichen Kompetenzen auch mit ihrem Charakter punkten!
Stephanie:
Magst du uns und den LeserInnen den generellen Ablauf beschreiben, nachdem sich ein Bewerber / eine Bewerberin dazu entschlossen hat, euren Service zu nutzen?
Florian:
Wir wollten diesen Prozess sehr schlank gestalten, um das Recruiting nicht unnötig kompliziert zu machen. Beim „Jobcode“ integriert das Unternehmen einen Link oder Code direkt in die Stellenanzeige oder schickt es den BewerberInnen zu. Die KandidatInnen müssen dann nur noch die App herunterladen und das Interview kann gleich darauf beginnen. Generell sind die KandidatInnen sehr flexibel, können also zeitunabhängig die Fragen beantworten, weil niemand auf der anderen Seite wartet. Der Recruiter bekommt erst ganz zum Schluß das fertig zusammengeschnittene Video zu sehen.
Bei „Closeup“ drehen die BewerberInnen mit Hilfe unserer App drei Videos zu den Themen Anschreiben, Lebenslauf und Skills. Diese können komplett frei gestaltet und es können unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. Als letzten Schritt laden die BewerberInnen ihre klassische Bewerbung als PDF auf unserer Seite hoch und wir kombinieren diese dann mit den Videos. Wir bieten auch Schablonen und Vorlagen an, um eine entsprechende Qualität der Bewerbung sicherzustellen.

Stephanie:
Auf welchem Weg kommen BewerberIn und Recruiter dann letztendlich zusammen?
Florian:
Beim „Jobcode“ sieht der Recruiter die BewerberInnen im Video. Hierbei ist es immer möglich, dieses mit anderen EntscheiderInnen zu teilen und festzulegen, ob ein Vorstellungsgespräch infrage kommt. Über unsere Software können die BewerberInnen direkt angeschrieben und es kann ein Termin vereinbart werden.
Bei „Closeup“ kommen BewerberIn und Recruiter über die versendete Bewerbung zusammen. Hier legen die KandidatInnen selbst den Fokus, leiten den Recruiter durch die Lebensläufe und kombinieren ihre Persönlichkeit mit ihren Qualifikationen. Der Recruiter erhält so ein konkretes Bild und entscheidet, ob er die KandidatInnen einlädt.
Stephanie:
Wie hoch ist einerseits die Akzeptanz bei den Firmen und andererseits bei den BewerberInnen für solch eine Art der persönlichen Darstellung?
Florian:
Das Thema Video-Recruiting ist noch relativ am Anfang, aber definitiv ein Trend, der immer stärker wird. Wir erhalten viel positives Feedback von Unternehmen, die metru nutzen. Bis es jedoch so weit ist, erfordert es viel „Überzeugungsarbeit“. Viele Unternehmen haben feste Prozesse und der Schritt in die Digitalisierung fällt da nicht immer leicht.
Von Kandidatenseite her ist das etwas einfacher: Hier machen wir wirklich sehr positive Erfahrungen. Gerade auch weil der ganze Prozess sehr neu und interessant für BewerberInnen ist und ganz andere Möglichkeiten zur Präsentation bietet.

„Closeup“ ist für BewerberInnen natürlich optimal: Videobewerbungen kosten sonst viel Geld und sind im Normalfall nicht direkt mit der Bewerbung selbst kombinierbar. Sie fallen damit einfach auf, gerade weil sich viele Recruiter deutlich lieber ein Video anschauen, als einen Fließtext zu lesen. Für den Fall, dass das Unternehmen kein Interesse an Videos hat, erhält der Recruiter immer noch eine hochwertige Bewerbung mit allen relevanten Informationen. Man kann also nur gewinnen.
Stephanie:
Wie lange dauern in der Regel die Videos?
Florian:
Beim „Jobcode“ können Unternehmen selbst die Anzahl und Länge der Fragen bestimmen. In der Regel dauert ein fertig zusammengeschnittenes Jobinterview etwa 5-6 Minuten. Die Urteilsfähigkeit der Recruiter reicht in den meisten Fällen aus, um bereits in den ersten 30 Sekunden beurteilen zu können, ob sie anhand der Qualifikationen mehr über die BewerberInnen erfahren möchten.
Bei „Closeup“ dauert ein Video maximal 90 Sekunden, bei drei Videos sind wir also bei weniger als 5 Minuten.
Stephanie:
Gibt es neben der aufgezeichneten Videobewerbung weitere Möglichkeiten, mit den BewerberInnen in Kontakt zu treten?
Florian:
Beim „Jobcode“ bieten wir direkt eine Chatfunktion in der App an, über die sich Recruiter und BewerberIn leicht vernetzen können.
„Closeup“ ersetzt im Endeffekt nur die normale Bewerbung, von daher findet hier der weitere Kontakt auch über die üblichen Wege statt, also per Telefon, Mail, etc.
Stephanie:
Erwarten die BewerberInnen eine Antwort vom Unternehmen per Video?
Florian:
Beim „Jobcode“ allgemein nicht, man hat ja über das zeitversetzte Jobinterview auch quasi ein Gespräch, wodurch die BewerberInnen einen persönlichen, ersten Eindruck vom Unternehmen bekommen. Das hilft meist schon sehr dabei, den potenziellen Arbeitgeber schon einmal ein bisschen kennenzulernen. Wir wollen hier definitiv, dass den BewerberInnen auf Augenhöhe begegnet wird, also ein Geben und Nehmen besteht. Inwieweit das ein Unternehmen gestalten möchte, ist frei entscheidbar.
Bei „Closeup“ wiederum erwartet das eigentlich niemand, es geht für die BewerberInnen in erster Linie um Selbstpräsentation. Die Idee ist aber nicht schlecht, wir wissen nie, was die Zukunft bringt.

Stephanie:
Kann das Bewerbungsvideo auch ein erstes Kennenlernen bzw. ein persönliches Interview ersetzen?
Florian:
Ein erstes Kennenlernen sicherlich, das persönliche Interview nicht. Wir legen Wert darauf, dass beim Vorstellungsgespräch geeignete BewerberInnen sitzen, aber der direkte Austausch ist schon essenziell.
Stephanie:
Bekommt ihr Rückmeldungen, ob es mit dem Job dann tatsächlich geklappt hat?
Florian:
Wir arbeiten viel mit Bewerbungscoaches zusammen, welche die BewerberInnen betreuen und ihnen mit „Closeup“ helfen, sich zu bewerben. Da ist die Begeisterung der BewerberInnen schon groß, weil sie das Gelernte direkt verwirklichen können. Die regulären Formalitäten der meisten Bewerbungsprozesse schränken sonst ziemlich ein.
Stephanie:
„Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck“. Weißt du von BewerberInnen, die mit ihrem Video vielleicht nicht überzeugen konnten, aber dennoch zu einem persönlichen Gespräch eingeladen wurden?
Florian:
Ja. Allerdings gibt es auch da eine Vielzahl von Faktoren, die auf gute BewerberInnen hinweisen. Es ist sicherlich schwieriger, wenn sie im Video-Interview nicht überzeugen, weil es dort neben der Persönlichkeit auch um inhaltliche Fragen geht. Das gestaltet sich ähnlich wie bei einem „richtigen“ Jobinterview.
Stephanie:
Wie hoch ist eure Erfolgsquote im Vergleich zu Bewerbungsprozessen ohne Video?
Florian:
Definitiv höher, aber da wir erst seit Ende des letzten Jahres voll auf dem Markt sind, brauchen wir noch etwas Zeit, um signifikante Werte ausgeben zu können. Was wir jetzt schon sagen können, ist, dass die Unternehmen deutlich mehr Zeit und Kosten einsparen. Die wenigsten Unternehmen nutzen einen strukturierten Interviewprozess – mit metru gelingt das jedoch sehr einfach und steigert insgesamt die Qualität des Recruitings.
Stephanie:
Für welche Unternehmensgröße eignet sich metru?
Florian:
Wenn wir auf den Faktor Qualität schauen, dann ist die Unternehmensgröße egal. Ein strukturiertes Interview bringt in jedem Fall Vorteile mit sich. Der zeitliche Aspekt ist bei vielen Bewerbungen pro Stelle signifikanter, wodurch große Unternehmen da sicherlich noch mehr profitieren.
Stephanie:
Interessant sind auch die Kosten für die Unternehmen und die Vorgehensweise, um euren Service zu nutzen.
Florian:
Da wir selbst ein Start-Up sind und auch kleinen Unternehmen die Vorteile zugänglich machen möchten, richten wir uns hier nach der Unternehmensgröße und Stellenanzahl. Generell starten wir aber immer erst mit einem Pilotprojekt, indem wir die genauen Anforderungen herausarbeiten und anfangs mit wenigen Stellen testen. Weil das Thema an sich ziemlich neu ist, wollen wir die Unternehmen gerne so gut es geht unterstützen. Wenn metru für ein Unternehmen relevant ist, können wir innerhalb von ein bis zwei Wochen damit loslegen. Das geht ziemlich schnell.
Stephanie:
Danke dir Florian für dieses sehr interessante und spannende Interview. Ich bin mir sicher, unsere LeserInnen freuen sich über die vielen Informationen und Innovationen rund um das Thema Video-Recruiting.
Wir wünschen euch weiterhin ganz viel Erfolg.
Im Interview waren Florian von metru und Stephanie von CompanyMood

Orlando Policicchio ist Geschäftsführer und Mitgründer von CompanyMood. Als Führungskraft und Projektmanager hat er schon früh Erfahrungen mit der Wichtigkeit von Mitarbeiterfeedback und einer gelebten Firmenkultur sammeln.
[…] nur ein positives Signal an die bestehende Belegschaft, sondern auch an potentielle BewerberInnen (Employer Branding). Die Reaktion der MitarbeiterInnen und BewerberInnen ist durchweg […]